Als ich plötzlich neben der Legende saß
17.12.2021
Zur Weihnachtszeit blickt man ja meist ein wenig zurück und lässt das vergangene Jahr Revue passieren. Wie das für uns als atom-billard.de gelaufen ist, können Sie unserem aktuellen Weihnachts-Newsletter entnehmen. In diesem Beitrag geht es eher um meine ersten persönlichen Berührungspunkte mit Billard und was in den letzten drei bis vier Dekaden daraus geworden ist.
Meine erste Begegnung hatte ich wie zahlreiche Kinder und Jugendliche im Urlaub, genauer gesagt war es im Skiurlaub im schönen Tuxertal. Dort stand im Vorraum des lokalen Schwimmbads ein Billardtisch und ich als 8-jähriger Steppke stand also erstmals und etwas verloren daran. Wie sich aber herausstellen sollte, war ich schnell besser als mein vier Jahre älterer Bruder, was mich natürlich einigermaßen stolz machte 😊.
Da das Billard-Angebot in meinem Heimatort quasi nicht vorhanden war und auf elterlicher Seite zugegebenermaßen auch einige Vorbehalte gegenüber dem wunderbaren und lehrreichen Billardspiel gab, geriet das Interesse für den Sport naturgemäß erstmal in den Hintergrund. Stattdessen wurde fleißig weiter Tischtennis gespielt (was ich heute mit Begeisterung immer noch mache) und im Sommer der Bolzplatz unsicher gemacht sowie zu Boris-Becker-Zeiten natürlich auch das Tennis-Racket geschwungen.
Mit Billard kam ich dann nur noch über das Fernsehen in Berührung. Billard im Fernsehen? Der Herr Maurer meint sicher Snooker auf Eurosport…. – nein, meint er nicht 😊. In den Achtzigern lief tatsächlich noch Billard, meist Dreiband oder Artistik, in der Sportschau (Adi Furler sei Dank). Da sah ich dann erstmals Torbjörn Blomdahl spielen, ein schwedisches Dreiband-Ass, der damals schon Weltmeister war und mich schwer beeindruckte. Quasi unterbewusst habe ich mir den Namen gemerkt, noch ehe ich wieder selbst aktiv mit Billard in Berührung kam.
1990 war es dann soweit und in meinem Heimatort wurde ein Pool-Billard-Verein gegründet. Ruck zuck wuchs der Verein auf über dreißig Mitglieder und auch ich trat alsbald bei, wenn auch begleitet durch einige Skepsis durch meine Mutter. Der arme Bub, jetzt geht’s bergab mit ihm….. :-)
Tja, diese Vorbehalte gegenüber Billard gab es vor dreißig Jahren genauso wie heute. Eigentlich schade, dass es bis auf Snooker keine Billard-Variante geschafft hat, mal aus dem Schattendasein auszuscheren und sich dem so edlen Spiel entsprechend zu präsentieren.
Wie dem auch sei, meine persönliche Billard-„Karriere“ startete also und in den letzten dreißig Jahren habe ich sogar den einen oder anderen persönlichen Erfolg bejubeln können. Der ganz große Wurf blieb zwar aus, aber neben ein paar Bundesligaeinsätzen kann ich auch über eine Deutsche Vizemeisterschaft sowie einen dritten Platz im Mixed sowie über hessische und bayerische Vizetitel berichten. Naja, Silber sieht eh besser aus als Gold, oder ? 😉
Deutlich erfolgreicher war ich ab Mitte der Neunziger als Betreuer des hessischen Nachwuchses. Bei den dabei erzielten DM-Titeln habe frühzeitig aufgehört, mitzuzählen. Fest in der Erinnerung verankert sind aber die insgesamt 22 Europameistertitel, die es in meiner 15-jährigen Amtszeit als Jugendsportwart und später auch vorsitzenden Jugendwart des Hessischen Pool-Billard Verbandes zu feiern gab. Gut, kein Wunder, wenn man sportliche „Monster“ wie Thorsten Hohmann (mittlerweile Mitglied der Billard Hall of Fame), Nicolas Ottermann oder Kristina Jäger in seinen Reihen hat 😊.
Seit 2009 bin ich nun nebenher noch Chef-Redakteur des Billardmagazins Touch und komme damit ganz automatisch in Kontakt mit den ganz Großen der Szene. Das begann letztlich mit Größen wie Ralf Souquet (dessen Material übrigens nur von atom-billard.de und keinem anderen gepflegt wird!) oder Oliver Ortmann und gipfelte mittlerweile mit einer gemeinsamen Deutschland-Tour mit den beiden Philippinen Efren Reyes und Francisco Bustamante. Reyes wird gemeinhin als bester Spieler, der jemals ein Pool-Billard-Queue in die Hand genommen hat, bezeichnet und die Tour mit ihm wird mir sicher noch ewig in Erinnerung bleiben.
Genauso wie natürlich Interviews mit Snooker-Legende Steve Davis und natürlich auch aktuellen Topspielern wie Ronnie O’Sullivan, Neil Robertson oder Judd Trump.
Selbstverständlich traf ich hier und da auch auf die ganz großen Asse aus dem Dreiband (Karambol). Ganz vorne dabei Marco Zanetti aus Italien, dessen virtuoses Spiel mich jedes Mal aufs Neue in seinen Bann zieht. Und natürlich traf ich auch – wie sollte es anders sein – mittlerweile auch mein Jugend-Idol Torbjörn Blomdahl, der schon viele Jahre in Deutschland wohnhaft ist. Mittlerweile ist er in seinen Mitfünfzigern angekommen, aber nicht minder erfolgreich. 2019 konnte sich Blomdahl zum insgesamt sechsten Mal zum Einzel-Weltmeister küren.
Mit Torbjörn hatte ich die große Ehre, im Rahmen der Reyes/Bustamante-Tour gemeinsam den Livestream zu kommentieren. Das war schon etwas ganz Besonderes. Genauso wie das Zusammentreffen im Rahmen der letzten Deutschen Meisterschaft vor wenigen Wochen, wo Blomdahl im Mannschaftswettbewerb trotz seines Ausländerstatus glücklicherweise startberechtigt war. So ein Abendessen und ein gemütliches Bier mit einem richtigen Weltstar ist dann auch für mich etwas Herausragendes. Vergleicht man das mit anderen Sportarten und anderen Berühmtheiten, dann habe ich quasi mit Pelé, Jordan, Boll, Lennon oder Mozart den Abend verbracht – sehr cool 😊
Während der Deutschen Meisterschaft 2021 mit Billard-Legende Torbjörn Blomdahl (rechts) und dem deutschen Dreiband-Ass Jens Eggers (Mitte).